Ökologische Kindertagesstätte mit Regenwasser- und Sonnenenergienutzung

Ökologische Kindertagesstätte mit Regenwasser- und Sonnenenergienutzung

https://kita-riemenschneiderweg.nbhs.de/
Daten
Standort:Riemenschneiderweg 13, Berlin-Schöneberg
Baubeginn:April 1995
Fertigstellung:Dezember 1997
Grundstücksfläche:3306m²
Nutzfläche:1191m²
  • Passive Sonnenenergienutzung 
  • Versorgung durch Fernwärme
  • Nutzung der Gebäudemasse zur Klimatisierung des Gebäudes im Sommer
  • Wärmeschutzverglasung mit U = 1,3 W/m²K in Holzfenstern
  • Absorbtionsfähige Oberflächen zur Pufferung von Raumklimaschwankungen
  • Optimale Nutzung des natürlichen Lichtes
  • Maßnahmen zur Minimierung der elektromagnetischen Strahlenbelastung
  • Verwendung halogenfrei isolierter Kabel
  • Einsatz von Vollspektrumsleuchten mit elektronischen Vorschaltgeräten
  • Dachbegrünung
Hoffassade 1998
Sraßenfassade 1998
Hoffassade 2015
Hoffassade Eingang 2015
Innenhof 2015
Kita nach 23 Jahren
Forsterküche ohne Schaden
Platzsparende Küche top
Baubeschreibung

Umweltgerechtes Bauen gewinnt angesichts stetiger Verdichtung und damit verbundener Schadstoffbelastungen sowie Entsorgungsprobleme zunehmend an Bedeutung. Bisher war ein Argument gegen den Einsatz von natürlichen, umweltfreundlichen Baustoffen die damit verbundenen Mehrkosten. Daß diese nicht zwingend sind und daß es möglich ist, in dem knappen Rahmen öffentlicher Gelder einen hohen ökologischen Standard zu erreichen, zeigt das Projekt der KiTa Riemenschneiderweg in Berlin Schöneberg.

Konzept

Der an der markanten Kante der Blockrandbebauung liegende Solitär der Kindertagesstätte ist von eingeschossiger Laubenbebauung umgeben. Bei dem Gebäude handelt es sich, entsprechend den von Seiten des Bauherrn gestellten Ansprüchen, um ein ökologisches Niedrigenergiehaus.

Die Räume für die Hauptnutzung des Gebäudes gruppieren sich fächerartig von Süd nach Ost zur Vormittagssonne, um einerseits passiv Sonnenerergie zu nutzen, andererseits den Kunstlichtbedarf zu minimieren. Die Nebennutzungen orientieren sich nach Norden und zur Straße nach Westen sowie zum Innenhof. Im Kellergeschoß sind die nicht beheizten Räume für die Haustechnik und die erforderlichen Abstellräume untergebracht.
Ein hydraulisch betriebener Aufzug im Treppenhaus verbindet die drei Ebenen mit der versetzten Eingangsebene auf Straßenniveau. Die Gruppen- und Nebenräume haben direkte Ausgänge zu den Freiflächen, im Obergeschoß über einen vorgelagerten Balkon mit Treppe (2. Rettungsweg). Balkon und Dachvorsprung ergeben einen guten Sonnenschutz.
Durch einen begrünten Innenhof, der über eine nicht beheizte, zum Hof hin offene Glashalle mit den Freiflächen verbunden ist, sowie durch eine kleine zweigeschossige Halle mit Oberlicht wird erreicht, daß keine gefangenen Räume entstehen.

Konstruktion

Für die Materialwahl war die Verwendung von diffusionsoffenen Materialien grundlegend, welche die besonderen Anforderungen an die Bauökologie im Sinne des Wohlbefindens der Nutzer erfüllen: sorptiv, speichernd, dämmend und nicht leitend, d.h. die Gebäudehülle funktioniert als 'dritte Haut'.

Die Außenwände bestehen im EG und OG aus 49 cm dickem, in porosierten Ziegeln ausgeführtem Mauerwerk. Im Kellergeschoß beträgt die Wanddicke 36,5 cm. Auch die nicht tragenden Innenwände sind in Mauerwerk aus schalldämmendem Ziegeln mit 24 cm Dicke ausgeführt.
Die mit schwimmendem Estrich versehenen Ziegeldecken sind unterseitig mit einem Akkustikputz ausgestattet.
Die 3 % geneigte Flachdachkonstruktion ist nicht hinterlüftet ausgebildet. Als Dämmung wurde zwischen den Holzleimbindern eine 18 cm dicke Schicht aus Zelluloseflocken B 2 über einer raumseitigen Schale aus 11 mm OSB-Spanplatte als Dampfbremse (B 1), einer 10 mm dicken Brandschutz- und Putzträgerplatte (A 2) sowie einem 25 mm dicken Akustikputz in den Gruppenräumen und Fluren verwandt.
Über der Dämmschicht liegt eine Schalung aus einer 25 mm dicken OSB-Spanplatte mit einer zweilagigen Dichtung aus Plastomerbitumen-Schweißbahnen.

Für die transparenten Bauteile in der Außenhülle kam eine Wärmeschutzverglasung (U = 1,3 bis 1,5 W/m²K) zum Einsatz. Von außen erreichbare transparente Bauteile sind mit einer einbruchhemmenden Verglasung versehen, die gleichzeitig die Unfallverhütungsvorschriften erfüllt. Die Fenster, Türen und Glaswände bestehen aus einheimischem Nadelholz, die Oberlichter und die Treppenhausverglasung aus thermisch getrennten Stahlprofilen.
Mit der gewählten Konstruktion wird die WSVO 95 übertroffen.

Für die Gestaltung der Innenräume kommen ausschließlich gesundheits- und umweltverträgliche Materialien zur Anwendung.
Die Oberflächenbehandlung aller Holzteile erfolgte mit Naturharzlacken bzw. -lasuren. Alle Wandflächen sind mit Kalk-Zement-Putz versehen und mit hellen Naturfarben bzw. Silikatfarben behandelt.
Die Türen zu den Hauptfunktionsräumen erhalten große Glasausschnitte zur Verbesserung der Tageslichtversorgung in den Fluren und zur Erhöhung der Transparenz.
Die Fußbodenbeläge bestehen aus hellem Linoleum, die Fußleisten aus Massivholz.

Haustechnik

Da sämtliche Räume natürlich beleuchtet und belüftet sind (Innenhof, Technikkonzept Oberlichter), können die haustechnischen Einrichtungen auf das notwendige Minimum reduziert werden (Low-Tech-Konzept).

Die Wärmeversorgung erfolgt über das Fernwärmenetz (Abwärme aus der Stromproduktion), wobei die Heizung nur an den konstanten Leiter angeschlossen wird.
Die passive Nutzung der Sonnenenergie, eine optimale Wärmedämmung und die Nutzung innerer Wärmepotentiale mittels intelligenter Regelung führen in ihrer Gesamtheit zu einem sehr geringen Primärenergieverbrauch.

Bei der Elektroinstallation wurde bei der Planung besonderer Wert auf die Einrichtung von Installations- und Ruhezonen zur Minimierung der Strahlenbelastung durch elektromagnetische Felder gelegt.
Für die künstliche Beleuchtung kommen Vollspektrumleuchten mit sphärodynamischer Dimmung und elektronischen Vorschaltgeräten zum Einsatz.

Wasser
Das von den Dächern abfließende Regenwasser wird in einer Zisterne gesammelt und für die Bewässerung der Freiflächen verwendet.
Im Erdgeschoß des Galerieraumes gibt es eine 'Felsendusche', die die Quelle einer ganzjährig nutzbaren Wasser-Spiel-Landschaft mit kleinem Bachlauf, Wasserbecken und Bepflanzung ist. Der Überlauf dieses ausschließlich mit Trinkwasser gespeisten Spielbereichs führt zu den Regenwasser-Sammelbehältern im Hof.

Die Trennung von Abfällen in der Kindertagesstätte ist von großer pädagogischer Bedeutung. Geeignete Abfallbehälter in den Gruppenräumen und ein ausreichend großer Abstellraum sind im Keller für Sammelbehälter verschiedener Fraktionen vorgesehen.
In der Nähe der Hauptküche, im Grünstreifen zur Nordgrenze des Grundstücks, ist ein Kompostplatz für organische Abfälle aus Haus und Garten vorgesehen. Der reife Kompost dient zur Düngung von Pflanzen auf dem Grundstück.

Freiraumgestaltung

Parallel zum Gebäudeentwurf ist auch ein ökologisches Freiflächenkonzept mit weitgehend unversiegelten Terrassen und differenziert gestalteten Spielflächen, Flächen für Kinderbeete und Kleintierhaltung entwickelt worden. Dabei wurde darauf geachtet, daß vorhandene Obstbäume, Hecken und Stauden integriert wurden.
Ferner gibt es eine Ballspielfläche, die doppelt nutzbar ist und so den Anwohnern auch außerhalb der Öffnungszeiten der Kindertagesstätte von der Straße aus zugänglich ist.

Resume

Ökologisch orientiertes Bauen basiert auf einem ganzheitlichen Ansatz. Dazu gehört, daß nicht die Erstinvestition allein berücksichtigt wird, sondern gleichwertig und ergänzend auch die Betriebs- und Unterhaltskosten. Aus dem Zusammenspiel von architektonisch integrierter Ökologie und der Dauerhaftigkeit einer Investition entstehen neue und andere als nur formalästhetische Qualitäten.
Praktische Erfahrungen mit diesem Ansatz widerlegen auch die vorgefaßte Meinung, ökologisches Bauen sei zwingend mit Mehrkosten verbunden.
Wie wohl sich Kinder und Betreuer*innen in der Kita fühlen, zeigt der folgende Film: https://youtu.be/bXEyg4gA-GA